Mathieu Crepel hatte es sich in den Kopf gesetzt, Jaws zu surfen. Wie er mit der größten Herausforderung seines Lebens umgegangen ist, hat er uns im Interview nach der Filmpremiere erzählt.
Wir durften „Shaka“ bereits vor der Premiere in München in der Jochen Schweizer Arena sehen. Unser Erwartungshorizont war in etwa so hoch, wie die Wellen, die Mister Crepel in seinem Film surft und wir können euch eines sagen: der Film hat gemundet, das ist wirklich Gourmetküche der ersten Güteklasse.
Interview: Nicolai Steidle, Prime Surfing Magazine
Mathieu, während der Dreharbeiten auf Hawaii hast du Eddie Rothman kennengelernt. Hawaii gilt als sehr „Sharky“. Hand aufs Herz: Hattest du mehr Angst vor Eddie oder den Haien?
Auf jeden Fall vor Eddie!!! Es war unser erster Trip nach Hawaii und wir hatten das Glück, im Quiksilver Haus übernachten zu können. Ich war bereits vorher mit Koa Rothman befreundet und ich kannte natürlich die Sagen, die sich um seinen Vater ranken. Als Koa mich Eddie vorstellte, nahm er mich kaum wahr. Es war gerade ein Contest in Pipeline der von Eddie organisiert wurde – er war wohl ziemlich busy. Als ich mich mit Yoga auf eine Surfsession vorbereitete, stand er auf einmal vor mir und fragte ob ich der Snowboard Dude sei. Wir unterhielten uns eine Weile, er war eigentlich sehr nett. Aber wenn er den Strand betritt, ist erstmal Ruhe. Es wirkt fast so, als würde er die Menge teilen. Hier an der Northshore hängen ein paar verdammt harte Hunde rum und Eddie ist ihr König. Seine Aura ist schon ein bisschen furchteinflössend.
Ist die Hackordnung in Hawaii wirklich so heavy wie es das Gerede vermuten lässt oder wird hier heißer gekocht als gegessen?
Wir waren bestens vernetzt und hatten von Anfang an Glück, die richtigen Leute zu kennen. Aber in Hawaii musst du dir deinen Respekt verdienen. Ich bin oft mit Koa rausgepaddelt, aber im Line Up ist die Freundschaft vorbei. Gerade in Pipe ist es scheissegal wer du bist, wenn du nicht aus Hawaii bist, hast du hier nichts zu melden. Selbst Surflegenden wie Kelly Slater müssen sich hier hinten anstellen. Die Wellen hier sind fantastisch, aber wenn du Lust auf einen witzigen Surftrip mit deinen Kumpels hast, dann flieg nach Indo oder Mittelamerika – Hawaii ist Krieg. Die Wellen sind mega heavy, die Jungs mega hungrig, die Atmosphäre immer extrem angespannt. Ich konnte so viele Nächte nicht richtig schlafen, ganz einfach weil ich nervös war und weil ich vom Quiksilver Haus die Monster aufs Riff donnern hörte.
In eurem Film sieht man einige Drop Ins. Eigentlich in der Surfwelt ein No Go, wie sieht es in Hawaii aus?
Ganz ehrlich: in Pipeline wurde mir wirklich in fast jede Welle gedropt. Es ist dort Modus Operandi. Wenn du aus Hawaii kommst – egal ob du 14 oder 80 bist – dann hast du die Erlaubnis zu droppen. Und weder ich noch ein anderer auswärtiger Surfer würde es auch nur wagen, sich darüber zu beschweren.
Du surfst für einen Snowboard Pro ein wahnsinnig gutes Level. Wie kommt das?
Ich bin in Tharbes zwischen Meer und Alpen aufgewachsen und habe fast zeitgleich zu surfen und snowboarden begonnen, in etwa als ich 7 Jahre alt war. Als ich dann auf die Leistungssportschule fürs Snowboarden ging, surfte ich aber einige Jahre gar nicht. Aber das Surfen war schon immer eine große Leidenschaft neben dem Snowboarden. Gerade fürs Big Wave Surfen hat mir das Snowboarden sehr geholfen. Man fährt irgendwie einen richtig großen Berg herunter.
Du kennst sowohl die Snowboard Szene als auch die Surfszene bestens. Welche ist feindseliger?
Diese Frage beantwortet sich von selbst. Viel mehr Hass im Surfen. Aber ich liebe die Challenge.
Du hast dich auf das Big Wave Surfen von verschiedenen Meistern ihres Fachs vorbereiten lassen. Unter anderem hat dir die Free Dive Ikone Guillaume Nery Atemtechniken beigebracht, Koa Rothman hat dich mit in die heftigsten Line Ups dieser Welt genommen. Inwiefern hast du es als Hilfe empfunden von den Besten zu lernen, inwieweit hat es dich belastet?
Natürlich war es erstmal eine sehr große Hilfe. Ich kenne Guillaume schon einige Jahre, habe aber noch nie mit ihm gearbeitet und seine Atemtechniken gaben mir gerade fürs Big Wave Surfen viel Selbstvertrauen. Auch Koa Rothman hat mir viel geholfen. Aber natürlich musst du dich beweisen und willst dich vor den Jungs nicht zum Affen machen. Insofern hat es auch ordentlich Druck auf mich ausgeübt, aber Druck, der am Schluss meine Lebensversicherung war. Gerade beim Bigwave Surfen kann jeder Tag dein bester oder dein letzter sein.
Was war der beängstigendste Moment während den Dreharbeiten? Wovor hast du beim Surfen am meisten Angst?
Also der Morgen vor Jaws war schon extrem. Ich war mega nervös und hatte schon etwas Angst um mein Leben. Aber Pipeline machte mir auch echt Angst, du siehst die ganze Zeit Leute, die rausgetragen werden, weil das Riff ihnen den Schädel gebrochen hat, sie ihre Beine brechen oder sich die Zähne ausschlagen. Die Welle ist einfach extrem Shallow und das Riff super scharf. Hinzu kommt die massive Crowd und die angespannte Stimmung. Ich saß dort ewig im Wasser bis ich vernünftige Wellen bekommen habe.
Was ist deine größte Angst beim Snowboarden?
Lawinen!! Ich habe früher nicht besonders oft darüber nachgedacht und viele dumme Sachen gemacht. Dann starb Tristan Picot, mein engster Freund, in einer Lawine. Das hat mich extrem schwer getroffen und ich habe eine andere Herangehensweise entwickelt, bin viel vorsichtiger geworden.
Schaust du heute lieber Surf oder Snowboard Contests an?
Generell schaue ich nicht mehr so viele Competitions. Aber sowohl im Snowboarden als auch im Surfen fehlt mir heute die Kreativität. Es ist alles das Gleiche. Die Jungs sollen sich mal wieder was Neues einfallen lassen. Man müsste vielleicht auch einfach die Formate ändern um mehr Raum für Neues zu schaffen. Aber ich schaue tendenziell mehr Surfen als Snowboarden.
Was hat in dir mehr Emotionen ausgelöst: dein erster Double Cork auf dem Snowboard oder deine erste richtige Barrel auf dem Surfboard?
Das ist einfach nicht wirklich gut zu vergleichen. Eine Barrel hat diesen Moment, den man eher mit einer Line in Alaska vergleichen kann. Schaffst du es oder nicht? Dieses Adrenalin und das Glücksgefühl wenn du es aus der Barrel rausgeschafft hast und wenn du es die Alaska Line nach unten geschafft hast, das ist wirklich sehr ähnlich.
Welche Sportart findest du schwieriger?
Surfen, gar keine Frage. Wenn du beim Snowboarden stürzt, hast du viel mehr Kontrolle, da sich der Berg nicht bewegt. Die Wipeouts beim Surfen sind einfach nicht zu kontrollieren, Wasser in Bewegung macht einfach mit dir was es will, du hast keinerlei Einfluss.
Auf einer Skala von 1-10. Wie nervös warst du an dem Morgen bevor du Jaws das erste mal gesurft bist?
12!!!! Ich habe mich wirklich extrem gut vorbereitet, aber habe mich so unvorbereitet gefühlt wie noch nie in meinem Leben. Ich hatte Koa’s Brett, das ich noch nie gesurft bin, keinen Jet Ski Support und saß mit der Weltelite im Big Wave Surfen im Line Up. Die müssen sich allesamt gefragt haben, was der verrückte Franzose hier will.
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