Jeremy Jones: Snowboarder, Abenteurer, Vater, Aktivist …

Jeremy Jones hat eine Menge zu erzählen. Als Vollblut-Snowboarder, Umweltaktivist, Surfer, Shaper, Geschäftsmann, Vater gibt es eben eine Menge Geschichten!

Jeremy Jones ist vieles: Pro-Snowboarder, Vater, Geschäftsmann, Aktivist, Surfer, Shaper, Entdecker … Da passiert es schnell, dass sich ein auf eine halbe Stunde angelegtes Interview mal eben auf die doppelte Zeit ausdehnt. Dafür ist nun alles dabei: Vom Erforschen unbekannter Gegenden per Splitboard über die Gründung von Protect Our Winters bis zu seinen Wünschen für die Zukunft seiner Kids und der kommenden Snowboard-Generation.

Nachdem du auf der Jagd nach Erstbefahrungen viele Jahre um die Welt geflogen bist, hast du in den letzten Jahren deinen Fokus verändert. Splitboarden und das Entdecken unbekannter Gegenden scheinen spannender geworden zu sein. Wie kam es dazu?
Der Umstand, der Snowboarden für mich über die Jahre immer so lebendig und reizvoll gemacht hat, ist, dass ich mich immer weiterentwickeln wollte. Ich hatte nie Interesse daran, immer nur das Gleiche zu tun. Vor gut zehn Jahren realisierte ich, dass mich Maschinen in meinem Entdeckerdrang einschränkten. Die einzige Möglichkeit, an diese entlegenen Orte zu gelangen, war per Splitboard, hiken und campen. Ich wollte dorthin gelangen, wo die Berge keine Namen hatten. Und im Zuge dessen sind auch meine Hausberge, die mir schon immer sehr am Herzen lagen, immer mehr in den Fokus gerückt. Kalifornien ist ein recht stark besiedeltes Gebiet, umso faszinierender ist es, dass es auch hier noch so viele Ecken gibt, in denen du völlig alleine bist.

Dein letztes Projekt hieß „Ode to Muir“, eine Entdeckungsreise auf den Spuren des Naturkundlers John Muir. Woher stammt die Faszination für diesen Mann?
John Muir war kein Extrem-Forscher wie etwa Shackleton [Ernest Shackleton, irischer Polarforscher und Expeditionsleiter; Anm. d. Red.], für den ich größte Anerkennung hege. Muir war es wichtiger, in die Natur einzutauchen und darüber zu schreiben, wie wichtig die Natur für den menschlichen Geist ist. Ein Beispiel: Anstatt Bäume als reine Holzlieferanten zu betrachten, die uns Baumaterial liefern, sollten wir sie als Lebewesen zelebrieren – eine Idee, die in Amerika völlig neu war. Diese Einstellung hat letzten Endes erst den Grundstein dafür gelegt, dass so etwas wie Umweltschutz überhaupt entstehen konnte.

Wie hat sich deine Einstellung zum Reisen über die Jahre verändert?
In der Vergangenheit, etwa während der Arbeit an „Higher“, war mein Ansatz, in relativ kurzer Zeit möglichst viele Gegenden zu erkunden. Heute spielt sich der Großteil meines Snowboardens im westlichen Teil der USA ab, an jenen Orten, die ich mit dem Auto erreichen kann. Wenn ich heute eine große Reise unternehme, versuche ich, mindestens einen Monat an diesen Orten zu verbringen, denn ich weiß, dass ich wahrscheinlich nie mehr die Möglichkeit bekommen werde zurückzukehren. Es gibt einfach zu viele spannende Plätze auf der Welt! Das hat auch dazu geführt, dass ich meine Trips schon mehr als einmal verlängert habe. Die Leute, die mit mir unterwegs waren, mussten sich wohl oder übel darauf einstellen und ihre Tickets umbuchen. Das funktioniert natürlich nicht immer und so ist es auch schon passiert, dass alle anderen abreisten, während ich zurückblieb, um diesen einen Gipfel zu fahren, den ich entdeckt hatte.

Wie lassen sich Reisen und ökologisches Bewusstsein miteinander verbinden?
Ich untersuche genau, welchen Einfluss mein Leben auf die Umwelt hat. Ich achte darauf, was ich esse, woher meine Lebensmittel kommen, wie ich von A nach B kommen kann und dass ich so oft wie möglich mit dem Fahrrad unterwegs sein kann. Flugzeuge habe ich in den letzten Jahren fast nur noch beruflich genutzt, nicht fürs Snowboarden. Und wenn man schon Flugzeuge benutzen muss, sollte man nach Möglichkeit darauf achten, nicht nur für zwei, drei Tage an einem Ort zu bleiben. Natürlich lässt sich das in meiner Position leicht sagen, denn die Mehrheit muss mit den wenigen freien Tagen im Jahr zurechtkommen, die ihnen ihr Job lässt. Dennoch bleibt Reisen ein wichtiger Teil des Lebens. Es hilft dabei, die Sicht auf die Welt zu verändern. Es gibt in Amerika viele Menschen, die noch nie ihre Heimatstadt verlassen haben und dementsprechend begrenzt ist ihr Horizont. Deshalb bewegen wir uns hier auf gesellschaftlicher Ebene in eine so gefährliche Richtung. Aber zurück zum Fliegen: Meiner Meinung nach muss es eine Gebühr für den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid geben. Die Belastung, die das Fliegen für die Umwelt bedeutet, darf nicht umsonst sein. Das zu erreichen wäre ein wichtiger und elementarer Schritt auf globaler Ebene.

Diese Idee ist auch eine der Schlüssel-Forderungen von Protect Our Winters, jene Organisation, die du 2007 ins Leben gerufen hast. Gab es ein bestimmtes Ereignis, das dich zu diesem Schritt bewogen hat?
Ich habe die Veränderungen, vor denen uns die Wissenschaft schon lange warnt, mit eigenen Augen gesehen. Ich habe gesehen, wie die Gletscher in Chamonix rapide zurückgehen. Ich war mitten im Winter in einem Resort in Kanada, das geschlossen hatte, weil es keinen Schnee gab. Locals, die um die 30 Jahre alt waren und in diesem Resort aufwuchsen, hatten mit eigenen Augen miterlebt, wie der Schnee Jahr um Jahr weniger wurde, bis er ausblieb. Ich fing an darüber nachzudenken, wie die nächsten 30 Jahren aussehen sollten. Ich erinnere mich, dass ich damals dachte, wie froh ich war, dass mein Home-Resort nicht solche Probleme hatte. Zehn Jahre später, und wir stehen vor ähnlichen Herausforderungen. KT 22, jener legendäre Lift in Squaw Valley und der Grund, warum die Hälfte der Leute hier lebt, markierte ursprünglich den Anfang und das Ende der Saison. Wenn du deinen Winter jetzt danach richten würdest, wann KT 22 aufmacht und schließt, hättest du einen verdammt kurzen Winter.

Wir „normalen“ Snowboarder verbringen den größten Teil des Winters in den Resorts, nutzen die Lifte, Parks etc. Was können wir deiner Meinung nach tun, um unseren Einfluss auf die Umwelt zu verringern?
Wenn ich in Europa bin, nehme ich auch gerne die Lifte in Anspruch. Und wenn ich die Möglichkeit bekomme, direkt unter dem Lift Powder zu fahren, dann kann mich niemand halten [lacht]! Ich denke, es ist wichtig, dass wir aufhören, gegenseitig mit dem Finger auf uns zu zeigen und den einen Schuldigen zu suchen. Wir müssen es schaffen, die Infrastruktur in den Bergen zu erhalten, jedoch ohne den Einsatz von fossilen Brennstoffen, sondern mit erneuerbarer Energie. Mein Home-Resort etwa wird noch diesen Winter zu 100 Prozent auf Solarenergie umsteigen. Das ist nur ein Beispiel für einen Trend, den wir an immer mehr Orten beobachten können. Genau hier kommt jedoch auch die Politik in den verschiedenen Ländern dazu. In den USA haben wir im Moment eine Regierung, die alles daran setzt, fossile Brennstoffe billig und erneuerbare Energien teuer zu machen. Darum sind wir mit Protect Our Winters so politisch geworden, denn wir brauchen einen kompletten Strukturwandel und ein Umdenken. Zum Glück gibt es aber dennoch viele Firmen und Resorts, die sich diesem Wandel verpflichtet haben.

Das bedeutet, dass die einfachste Unterstützung, die jeder von uns leisten kann, die ist, dass wir uns Gedanken darüber machen, in welchem Resort wir fahren und welche Produkte wir nutzen?
Genau. Denn der Einfluss eures Geldes, das ihr für Lifttickets und Equipment ausgebt, ist größer, als man oft glauben mag.

[vc_message]
  • Board: 161 (Freeride), 147 (Powder)
  • Boot: 8 (US)
  • Stance: Goofy
  • Winkel: +24 / 0
  • Geboren am: 14.01.1975
  • Lebt in: Truckee, CA
  • Sponsoren: O’Neill, Thirtytwo, Clifbar, POC, Karakoram, YETI
  • Instagram: @jeremyjones
  • Snowboarder seit: 1987
  • Splitboarder seit: 2005

[/vc_message]

Du arbeitest schon lange mit O’Neill zusammen und bist als Ambassador und Berater für die Blue-Kollektion tätig. Was sind eure Ziele?
Bei der Entwicklung meiner Kollektion haben wir sehr schnell damit begonnen, recycelte Materialien zu verwenden. Es war jedoch von Anfang an klar, dass wir uns nicht auf vereinzelte Eco-Kollektionen beschränken, sondern die Technologie und Produktionsmöglichkeiten, die wir zur Verfügung hatten, möglichst flächendeckend einsetzen wollten. Es gibt immer mehr Möglichkeiten, nachhaltig zu produzieren. Warum sollte man die nur auf einen kleinen Bereich der Produkt-Palette anwenden? Seit wir uns mit diesen Themen auseinandersetzen, hat mich überrascht, wie schnell O’Neill vorangekommen ist. Schon jetzt besteht der größte Teil der Bikini-Kollektion, gut die Hälfte der Boardshorts und ein großer Teil der Outerwear aus recycelten Materialien. Wir haben noch viel zu tun, aber ich freue mich auch darüber, wie viel wir schon erreicht haben.

Du bist heute Vater zweier Kinder und du hast beide schon früh mit Snowboarden in Berührung gebracht. Was wünschst du dir für sie?
Ich gehe mittlerweile sehr oft mit einer Menge Kids Snowboarden. Die Pisten mit einer Horde Zehnjähriger entlang zu cruisen macht oft mehr Spaß als mit den meisten Erwachsenen! [lacht] Es ist mir wichtig, dass ich meine Kids nicht verheize, deshalb lasse ich es langsam angehen. Auch weil ich mir wünsche, noch lange mit ihnen Snowboarden zu können. Ich bin unglaublich froh, wie viel Spaß sie heute daran haben. Gemeinsam Zeit auf dem Berg zu verbringen ist das Coolste, was wir als Familie tun. Mir wird jedes Mal aufs Neue bewusst, wie wunderbar unser Sport ist. Und ich versuche nicht, Pro-Snowboarder aus ihnen zu machen. Ich versuche ihnen beizubringen, eine Beziehung zu den Bergen einzugehen. Sidehits shapen, Stürme aushalten, ein wenig Splitboarden, aber alles sehr entspannt. Und nicht nur meine Kids haben Spaß am Snowboarden, da wächst eine großartige Snowboard-Generation heran und ich freue mich darauf zu sehen, was sie alles auf die Beine stellen werden.