Jason Robinson: Menschen sind soziale Wesen. Als Leser suchen wir wohl auch deshalb unterbewusst nach Anknüpfungspunkten für Sympathien und Antipathien. Es ist nicht der glatte perfekte Charakter, der uns reizt. Interessant sind gebrochene Typen, Menschen, die mit ihrer inneren Zerrissenheit Leben und in denen wir uns selbst wieder finden.
Fotos: Darcy Bacha
Alter: 36
Wohnort: Washington’s Olympic Peninsula
Snowboarden seit:1993
Lieblingstrick: Fs 360°
Goals: In würde älter werden
Lebensmotto: If a man does not have sauce, he is lost. But the same man can get lost in the sauce. – Gucci Mane
Sponsors: Pro-Tec, Bothell Chiropractic, Airblaster, Nitro, Salmon Arms, Karakoram
Board: Nitro 159 Banker
Boot: Nitro Capitol size 9.5
Bindung: Karakoram Free Ranger
Stance: Regular / 55cm width
Winkel: +18° / +6°
In der internationalen Snowboardliteratur einen Protagonisten zu finden, der diesem Anspruch gerecht wird ist allerdings gar nicht so einfach. Subtiles Elend und kritische Selbsthinterfragung sind weitgehend verbannte Genres in unserer oft so furchtbar redundanten Snowboard-Bubble. Was Jason Robinson zu sagen hat, liest sich allerdings wie eine Kurzgeschichtensammlung aus der Feder eines Charles Bukowski. Wir haben mit Jason über tote Geschwister, Herzinfarkte nach Crystal Meth und den Atem für eine zweite Karriere gesprochen.
Jedes Mal, wenn du eine Zigarette rauchst, klaut der Herr dir eine Stunde deines Lebens und gibt sie Mick Jagger
Du bist einer von wenigen Snowboardprofis, die ihre Parts mit Helm filmen. Ist das deine Art, deinem verstorbenen Bruder Aaron Respekt zu zollen?
Es war eher eine Art, meine Mutter zu respektieren, nicht meinen Bruder. Nach Aarons Unfall habe ich sie gefragt, ob sie möchte, dass ich einen Helm trage, und sie hat natürlich ja gesagt. Ich denke, es ist wichtig für andere, besonders für Kinder, zu sehen, dass Profi-Snowboarder Helme tragen, um ihnen vielleicht zu helfen, das Stigma des Helmtragens zu überwinden. Aaron hätte seinen Sturz mit Helm überlebt. Dieser bittere Nachgeschmack hält ein Leben lang.
Du hast einmal gesagt, dass Aaron, obwohl er dein kleiner Bruder war, dein Idol sei, wenn es darum ging, Powder und steile Lines zu fahren. Wie kommt das?
Ja, Aaron war mein jüngerer Bruder. Aber als wir beide Teenager waren, wurde ich ziemlich jung gesponsert und hatte mir in den Kopf gesetzt, Pro zu werden. Aaron hingegen war einfach nur begeistert davon, zu Powdern und sein eigenes Ding zu machen.
In der Snowboardindustrie drehte sich damals aber alles um Freestyle und er wollte damit nichts zu tun haben. Ich zog nach Tahoe, um Tricks zu lernen und um zu Filmen, in der Zwischenzeit war Aaron nach Washington gezogen, um im Alpental und am Mt Baker zu Pulvern. Dort gibt es keinen Park und zu der Zeit machte die Industrie auch eher einen Bogen um diese Gebiete.
Ich lernte Switch Back Lips und 900er, während er etwas über Schneekunde, Backcountry Acces und Line-Assessment lernte und natürlich auch sein Freeriding auf ein neues Level brachte. Erst gegen Ende unserer Teenagerzeit, vielleicht mit Anfang zwanzig, verlagerte sich der Schwerpunkt der Industrie wieder mehr auf das Backcountry. Freeriden war wieder cool geworden, und da beschloss Aaron, einzusteigen.
Ihm wurde klar, dass er sein eigenes Ding machen konnte und dafür auch noch bezahlt werden konnte. Ja, ich erinnere mich, es war 2009 oder 2010 und er kam mich in Tahoe besuchen und wir haben diese Lines am Donner Summit erklommen. Der Zugang ist super einfach, man sieht die Lines direkt vom Parkplatz aus.
Er nannte es immer “Minigolf”. Und ich dachte, das sieht länger und steiler aus als jede Piste, die ich je in meinem Leben gefahren bin. Aber ja, er hat ein Foto von unten gemacht. Oben hat er ein Schneeprofil gegraben und mir den ganzen Prozess erklärt. Wir sprachen über unsere Linienwahl, Safety Zonen, Gefahren und was wir tun würden, wenn etwas schief geht. Das waren alles alltägliche Dinge für ihn, aber für mich war das Neuland. Und wow!
Er war so gut informiert. Seine Linewahl, wie flüssig er fuhr und wie einfach er sein Riding in dem Gelände aussehen ließ, beeindruckte mich. Wir waren seit einigen Jahren nicht mehr zusammen auf dem Berg, er war schon immer super talentiert, aber das Niveau, auf dem er damals fuhr, übertraf alles, was ich vorher von ihm gesehen hatte.
Die Tatsache, dass ich meinem kleinen Bruder zusah und nicht Terje oder so, hat mich wirklich umgehauen. Als ich in den darauffolgenden Jahren mehr mit ihm im Backcountry unterwegs war, hat er mir die Augen für die Möglichkeiten des Freeridens geöffnet, er war mein Backcountry-Coach.
Blake Paul, Alex Yoder, Manifest, Aaron brachte sie alle zusammen. Blake beeindruckte beim diesjährigen Natural Selection Event. Ist es für dich möglich, Frieden mit dem Tod deines Bruders zu schließen, obwohl du immer wieder an ihn erinnert wirst, weil er fest in der Snowboardszene verankert war?
Ich glaube schon, dass es möglich ist. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich schon wirklich so weit bin. Aber es hilft, die Erinnerungen an Aaron und seinen Einfluss als positive Erinnerungen an sein Leben zu sehen und nicht nur als Erinnerung daran, dass er jetzt tot ist. Was Blake angeht, so ist es unglaublich, ihn an der Spitze zu sehen, und zu wissen, dass Aaron eine gewichtige Rolle dabei gespielt hat, ihn dorthin zu bringen, das erfüllt mich mit Stolz.
Du hast dich auch mit einem Video bei der Natural Selection beworben. Warum ist daraus nichts geworden und versuchst du es diese Saison nochmal?
Ich habe einen Zusammenschnitt aus meinen Absinthe Parts und neuere Videosequenzen für den Clip gemischt. Ich will auch nicht vermessen klingen, wenn ich sage, dass ich über die Absage sehr enttäuscht war. Ich habe viel Zeit investiert, andere Projekte liegen gelassen und glaube, dass ich mich ganz gut verkauft hätte, aber anscheinend hielten die Judges nach etwas anderem Ausschau. Ich würde nächstes Jahr nur antreten, wenn ich direkt eingeladen werde. Ansonsten ist mir das finanzielle Risiko zu groß.
Prime: Part des Jahres 2013 by Jason Robinson
Dann hoffen wir mal schwer auf eine Einladung! Lass uns zurück auf Anfang: Du bist im Alter von nur 12 Jahren Zuhause ausgezogen und in ein Haus mit Matt Kass und anderen Snowboardern in Mammoth eingezogen. Als einen der Gründe dafür nennst du die Alkoholsucht deines Vaters. Aber wie hast du deine Mutter davon überzeugt, dass das eine gute Idee sei?
Es brauchte wirklich nicht viel Überzeugungsarbeit. Meine Mutter war immer die größte Befürworterin meines Snowboardens. Schon bevor ich nach Mammoth ging, hat sie mich durch ganz Montana und Kanada zu Snowboardcontests gefahren. Sie hatte mich schon in der 7. Klasse Zuhause unterrichten lassen, damit ich mehr snowboarden konnte.
Als mir dann angeboten wurde, im Frühjahr in Mammoth zu bleiben, war ich schon aus der öffentlichen Schule raus, also war es eigentlich ganz klar, dass ich das machen würde. Außerdem war das eine einmalige Gelegenheit, und mein Leben zu Hause war zu der Zeit ziemlich heftig, nicht zuletzt aufgrund des Trinkverhaltens meines Vaters, so dass diese Veränderung einfach Sinn machte. Ich wollte unbedingt weg.
Meine Mutter ist die coolste, also musste ich sie nicht überzeugen, sie hat verstanden, dass mich der Umzug in gewisser Weise retten würde. Sie hat mir den Rücken gestärkt, und bis heute bin ich ihr unendlich dankbar für so viel Unterstützung und Vertrauen in so jungen Jahren.
Was waren die Vor- und Nachteile, wenn man in einem so frühen Stadium des Lebens allein lebt? Würdest du deine eigenen Kinder einen ähnlichen Weg gehen lassen?
Einige der Vorteile sind ziemlich offensichtlich. Ich war zwölf, ich musste nicht zur Schule gehen, es gab keine Regeln und ich hatte einen Saisonpass für Mammoth. Die Wohnung, in der ich wohnte, war zwei Blocks von der Bushaltestelle entfernt, und an den Tagen, an denen Matt oder Phouty nicht da waren, bin ich einfach in den Bus gestiegen. Ich bin so ziemlich den ganzen Tag Snowboard gefahren, jeden Tag!
Es war auch ein besonders schneereiches Jahr, und ich erinnere mich, wie sich die Leute im Park darüber beschwerten, dass es nicht aufhörte zu schneien, und dass sie sich darüber ärgerten, weil sie sich bessere Parkbedingungen wünschten. Aber ich war einfach nur glücklich. Ich fand den Park mit etwas Pulverschnee super spaßig, und vom Gipfel von Mammoth in ein oder zwei Fuß Neuschnee zu fahren war der Wahnsinn. Dort habe ich meine ersten Powdererfahrungen gesammelt. Abseits des Schnees habe ich viel an Unabhängigkeit gewonnen und bin ziemlich autark geworden.
Die Nachteile sind deutlich subtiler und ich habe sie erst in letzter Zeit wirklich erkannt. Es fällt mir schwer, sie als echte Nachteile zu betrachten, denn sie sind Teil dessen, was mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin. Es gibt einige Eigenschaften, die ich damals entwickelt habe und mit denen ich heute noch nicht gut zurechtkomme. Die spare ich an dieser Stelle allerdings aus. Ob ich meinen zukünftigen Kindern das gleiche bieten würde: Nein ich denke nicht, vielmehr würde ich versuchen ihnen ein guter Vater zu sein.
Ob richtig oder falsch, deine Snowboardkarriere nahm Fahrt auf und du hast 2013 den Standout Part in Absinthes Dopamine gehabt. Einige dieser Lines waren so krass, dass bei dem Gedanken es dir gleichzutun, Otto Normalsnowboarder die Hosen gestrichen voll hatte. Du hast allerdings oben erstmal einen Joint geraucht.
[lacht] Ja das stimmt, aber keinen puren Joint oder starkes Haschisch. Ich habe einen Spliff geraucht, da war viel Tabak beigemischt, ich war also nicht super stoned vor den Lines. Aber ja, man wartet manchmal sehr lange dort oben auf den Drop-In. Das war meine Art, mich zu beruhigen und das Ganze relaxed angehen zu lassen, was bei Couloirs dieser Kragenweite wirklich wichtig ist.
Du hast angegeben, dass du nicht nur Gras geraucht, sondern auch ein paar andere Drogen genommen hast. Welche Art von Drogen hast du genommen und was hat dich dazu getrieben?
Nun, abgesehen von Cannabis habe ich nicht wirklich Drogen konsumiert, abgesehen von Koffein und gelegentlich Alkohol. Ich habe nie etwas gespritzt, aber ich habe wahrscheinlich die meisten leicht erhältlichen Drogen zumindest ausprobiert. Was mich dazu getrieben hat, war wohl einfach die Aufregung, die Neugier und Experimentierfreudigkeit. Aber die Zeiten, in denen ich am meisten Gras geraucht oder Alkohol getrunken habe, waren nie während der Snowboard-Saison, sondern in der Nebensaison, wenn ich mich ein bisschen verloren habe und traurig fühlte.
Ich glaube, dass die meisten Dinge in der richtigen Umgebung und in Maßen in Ordnung sind. Meiner Erfahrung nach sind Opiate und Methamphetamine die beiden Drogen, von denen man sich am besten komplett fernhalten sollte. Das sind beängstigende Substanzen. Das habe ich versucht und mich schnell davon verabschiedet.
Dein Bruder Sean hat auch lange harte Drogen missbraucht. Warum hast du dich davon ferngehalten? Und wie geht es Sean jetzt?
Ja, mein Bruder Sean hatte im Laufe der Jahre eine schwere Zeit mit der Opiatabhängigkeit. Ziemlich kurz nach Aarons Tod schien es wirklich ein Problem für ihn zu werden, und er hat seitdem einen langen Kampf damit geführt. Ich hatte damals das Glück, dass ich mich auf meine Snowboard-Karriere konzentrieren konnte, was es mir ermöglichte, mich Aaron nahe zu fühlen, mich mit ihm zu verbinden und durch mein Fahren zu trauern.
Ehrlich gesagt gab es Zeiten, in denen ich so traurig war, dass ich die Traurigkeit einfach mit Opiaten vertreiben wollte, daher verstehe ich, wie Sean da hineingeraten ist. Ich rauchte stattdessen einfach riesen Mengen Gras, was zwar nicht gerade gesund war, aber eine viel weniger gefährliche Alternative für mich war. Und weißt du was? Ich hatte Opiate ausprobiert, als ich etwa zwanzig war, und hatte eine ziemlich augenöffnende Erfahrung damit gemacht, wie süchtig sie machen.
Ich habe mir dann geschworen, dieses Zeug nicht mehr anzurühren. Sean ist jetzt nüchtern und auf einem guten Weg, ich bin stolz auf ihn und hoffe, dass er seinen Frieden und seine Kraft für die Zukunft finden wird.
2016 kam ein Wendepunkt in deinem Leben: Du hast Bode Merrill aus einer Lawine ausgegraben und Estelle Balet starb nur wenige Tage später. Wie hast du das verkraftet?
Ich war damals Teil des Rettungsteams, als Bode verschüttet wurde. Ich war damals unter Schock, als wir Bode ausgegraben haben, denn ich war mir sicher, dass er tot war. Das hat mich mitgenommen und in mir gearbeitet. Estelle Tod ein paar Tage später hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich war geschockt, wütend, aufgewühlt und wollte die Schuld für ihren Tod jemanden zuordnen.
Sie war so jung und ihr Filmteam so erfahren und auch wenn ich wusste, dass es ein Unfall gewesen ist, ich konnte das alles nicht zuordnen. Für mich stand nur fest, dass dort wo das Unglück geschah, niemand hätte fahren dürfen. Ich war völlig deprimiert und abgestumpft. Ich war in der Saison vor dem Unglück viel mit Estelle zusammen und wir hatten gemeinsam vor nach unseren Drehs nach Haines aufbrechen.
Mein geistiger Zustand war instabil, ich fühlte mich erschöpft und sehnte mich nach einer Pause von allem, aber ich musste meine Filmsaison mit Absinthe zuerst noch abschließen. Nach dem Dreh bin ich bis Juni in Haines geblieben, um zu entspannen. Ich habe damals auch meine heutige Freundin kennengelernt, die mir großen Halt gegeben hat. In jenem Sommer habe ich auch meinen ersten Sommerjob seit vielen Jahren gehabt.
Ich verbrachte drei Monate tief in der Bob Marshall Wilderness und arbeitete in einer abgelegenen Ranger-Station des US Forest Service. Ich hatte definitiv viel Zeit, um über Estelles Tod und Bodes Nahtod zu verarbeiten. Das hat mir geholfen.
Nach der Saison 2016 ist deine Leidenschaft fürs Snowboarden erloschen.
Wenn ich zurückblicke, habe ich die Motivation im Sommer nach den Dreharbeiten zu meinem letzten Absinthe Part verloren. Ich hatte so viel investiert, um an diesen Punkt zu kommen, doch bevor der Film überhaupt herauskam, zogen sich meine Sponsoren zurück. Ich war pleite, fühlte mich isoliert und allein gelassen. Ich stellte mir immer wieder die Frage, ob ich als Pro weitermachen sollte. Als die neue Saison losging, war ich noch nicht so weit. Während die Anderen wieder loslegten, zog ich mich immer weiter zurück und hatte keine Kraft um mit Sponsoren und Freunden Kontakt zu halten und bin, wenn man so will, von der Bildfläche verschwunden.
Wie hast du zurück aufs Brett gefunden?
Es hat tatsächlich zwei Jahre gedauert, bis ich wieder Lunte gerochen habe. Die Auszeit war sehr wichtig für michpersönlich, aber auch wichtig, um herauszufinden, dass mir Snowboarden wahnsinnig viel Spaß macht und ich diesen Sport liebe. Die Motivation zum Shredden kam dann von ganz allein zurück. Meine Sponsoren waren zwar alle weg, aber für meinen Stoke war es sowieso besser ohne Vorgaben von Geldgebern als Hobby Shredder Gas zu geben.
Als du nach Tahoe unterwegs warst, um dich dort mit der Absinthe zu treffen, hast du einen Tramper mitgenommen. Der Typ war nicht unbedingt die beste Gesellschaft und der Abend endete Meth und Ärzten, die um dein Leben kämpften.
Das war wie ein richtig schlechter Film! Der Typ nahm mich in ein total abgefucktes Haus mit, wo Obdachlose Dudes Meth vertickten. Ich fühlte mich unwohl, aber ich war zu neugierig und ehe ich mich versah, saß ich mit einem 150-Kilomann auf einer abgeranzten Couch und rauchte an seiner Pfeife.
Meine Atmung setzte aus, ich fing an zu kotzen, zu scheißen, wieder zu kotzen und spürte, wie mein Herzschlag immer wieder aussetzte. Die Jungs wurden nervös und ich wurde umgehend in eine Klinik eingeliefert, wo die Ärzte tatsächlich um mein Leben kämpften. Wegen einem verdammten Trip! Ich hatte eine Miniherzinfarkt! Ich würde mich heute nicht mal mehr in die Nähe von diesem Teufelszeug trauen und bin heilfroh, dass ich aus der Nummer lebendig herausgekommen bin!
Im Sommer darauf mietete ich mir ein Haus im Outback und pflanzte dort im mittelgroßen Stil Marihuana an.
Eine andere Story, hätte deinem Leben ebenfalls fast in eine schwierige Lage gebracht. Du hast Justin Hoystenek von Absinthe 20.000 Dollar geschuldet und wärst deshalb beinahe eingesessen. News oder Fake-News?
[lacht] Leider wahr. Justin bot mir gegen Ende des Jahres aus dem Nichts einen Filmpart im Movie an. Es war bereits März und alle meine Sponsorengelder waren aufgebraucht. Der Buy-In lag bei 20k Dollar und es war wirklich eine einmalige Gelegenheit für mich. Justin gab mir also einen Kredit und ich hatte wirklich keine Ahnung, wie ich die Kohle jemals zurückzahlen sollte. Im Sommer darauf mietete ich mir ein Haus im Outback und pflanzte dort im mittelgroßen Stil Marihuana an. Der Plan war leider nicht bis ins Detail durchdacht und eine hysterische Ex-Freundin tat ihr übriges … So stand irgendwann die Polizei bei mir vor der Tür und fand meine Plantage.
Ich hatte damals eine Affäre mit einer korpulenten, älteren Indianer Lady, die Kontakte in die lokale Politik hatte. Ihr Bekannter ließ seine Kontakte spielen und schaffte es tatsächlich mich aus der Nummer rauszuholen. Leider war die Investition dahin und ich musste Justin die Kohle weiter abstottern. Aber es hätte wirklich deutlich schlimmer laufen können.
In den letzten Jahren ist es eher ruhig um dich geworden und du hast ziemlich viel Zeit in der Einöde verbracht. Mit was genau hast du deinen Lebensunterhalt bestritten?
Ich habe, nachdem ich meine Sponsoren verloren habe erstmal eine Saison auf einem Fischkutter gearbeitet. Das ist super Geld aber wirklich ein beinharter Job. Danach habe ich mich in einem Nationalpark in meiner Heimat um die Packpferde gekümmert und in einer Hütte mitten im nirgendwo gelebt.
War das nicht sehr einsam?
Nicht wirklich. Ich habe die Isolation damals sehr genossen. Es war eine gute Erfahrung, ein halbes Jahr ohne Internet und Telefon zu leben. Es gab keinerlei Connection und die einzige Möglichkeit Kontakt zur Außenwelt zu halten, war der klassische Brief. Außerdem waren die Beziehungen, die ich zu den Tieren aufbaute, sehr intensiv, ich bin mittlerweile ein leidenschaftlicher Reiter. Auch die Kontakte, die ich mit Gästen und Mitarbeiten geknüpft habe, waren sehr intensiv und nicht so verschmutzt vom gesamtgesellschaftlichen Einfluss und Druck.
Im Winter danach hast du dir in Eigenregie ein Tinyhouse gebaut und eine komplette Saison alleine im Outback von Alaska gewohnt. Woher kommen deine Handwerkskills und wirst du auf deine alten Tage noch zum Eremiten?
Mein guter Freund Scott Thomas aus Montana hat mir eigentlich alles gezeigt, was ich an Hammer und Säge heute kann. Ich werde sicher nicht zum Eremiten, aber ich habe gelernt mit mir alleine zu sein, das ist sehr wichtig für mich. Alaska war auf jeden Fall eine Achterbahnfahrt für mich, aber das ist eine zu lange Geschichte für dieses Interview.
Du bist fast 37 und stehst weitgehend ohne Sponsoren da. Allerdings hat es letztes Jahr nochmal einen Geldsegen aus unverhoffter Richtung gegeben. Wie kam es dazu?
Ich habe einen ganz guten Vertrag bei Pro-Tec unterschrieben, sie glaubten an mich und ich hoffe, dass ich dieses Vertrauen zurückzahlen kann. Außerdem hat mir Dr. Donald Warren einige Snowboardtrips bezahlt und ich habe Werbung für seine Chiropraxis gemacht. Donald ist der absolute Wahnsinn!
Elias Elhardt hat uns erzählt, dass er einen Dokumentarfilm über dein bewegtes Leben realisieren möchte. Elias hat in den letzten Jahren bereits in mehreren alternativen Snowboard-Filmprojekten Regie geführt. Deine Reise könnten wir uns gut aus der Feder von Elias erzählt vorstellen. Wie steht es denn um das Projekt?
Erstmal war ich Elias echt dankbar, dass er mich auf dem Schirm hatte. Wir waren in den letzten Jahren immer mal wieder für Projekte gemeinsam unterwegs und daraus ist eine gute Freundschaft entstanden. Wir haben uns letztes Jahr in den Staaten getroffen und das Projekt besprochen. Es lagen aber noch ein paar Dinge im Argen, vor allem war es mir extrem unangenehm, dass ich keinerlei Sponsorengelder für das Filmprojekt generieren konnte und Elias im Endeffekt einen Film, der über mich gehen sollte, alleine finanzieren müsste. Er hat mich dann mit Nitro in Kontakt gebracht, die sich durchaus interessiert zeigten das Projekt mitzufinanzieren und wollten, dass ich ihre Bretter im Film fahre.
Leider habe ich mich verletzt und warte gerade auf eine Knieoperation. Ich werde diesen Winter wahrscheinlich nicht auf ein Snowboard steigen und muss das Projekt nun leider auf Eis legen. Es ist frustrierend und vor allem fühle ich mich schlecht gegenüber Elias der schon so viel Energie in das Projekt gesteckt hat und gerne einen fixen Plan gemacht hätte. Leider konnte ich das nicht gewährleisten.
Dann hoffen wir das Beste für dein Knie. Um das ganze hier zu einem versöhnlichen Ende zu bringen, nehmen wir dich mit auf eine Traumreise: 3 Millionen Dollar, drei Fahrer, drei Orte deiner Wahl. Wer, Wo, Was?
Elias Elhardt, Manuel Diaz und meine Wenigkeit. Erstmal geht es zu Elias in die Alpen, er soll uns seine Lieblingsspots zeigen, ich liebe die Alpen! Danach fliegen wir zu Manuel nach Chile. Chile ist wild und hat enorm viel zu bieten. Und weil wir ja die 3 Millionen auch verheizen wollen, mieten wir uns zum Schluss noch eine Heli Lodge in Alaska und fahren so viele Lines, bis der Geldspeicher leer ist.