Kevin Backström – die eine Hälfte des legendären Beyond Medals-Duos, sorgt schon seit einigen Jahren mit seinen Parts in seiner Webserie wie auch in großen Filmproduktionen für Begeisterung. Ein Fliegengewicht auf der Waage, aber ein Schwergewicht in Sachen Style. Sein Background, seine Einstellung zu Contests, wie Bynd x Mdls entstanden ist und warum er heute in russischen Hotelzimmern lieber die Vorhänge zulässt, erfahrt ihr hier im Interview.
Er ist einer jener Fahrer, die den Stoke des Snowboardens mit einem simplen Backside 180° perfekt nach draußen transportieren können. Außerdem besitzt er genau die richtige Portion an Rock’n’Roll-Attitüde, die man bei anderen Pros heute oftmals ein wenig vermisst.
Wann hast du Dich zum ersten Mal auf ein Snowboard gestellt?
Kevin Backström: Ich war ungefähr vier Jahre alt, als ich mir zum ersten Mal ein Snowboard geschnappt habe. Mein älterer Bruder war damals schon völlig angefixt und ich war super neidisch auf ihn. Denn während er schon mit seinen Jungs Snowboard fahren ging, eierte ich noch immer auf meinen Skiern durch die Gegend. Meine Eltern gaben schließlich nach und schenkten mir zu Weihnachten mein erstes Board. Allerdings konnten sie keine Softboots in meiner Größe finden, doch zum Glück trieb mein Dad irgendwo ein Brett mit Hardboots auf, die mir passten. Mir war das völlig egal, ich wollte einfach nur Snowboarden! Ob mit Hard- oder Softboots, war mir zu dem Zeitpunkt gleichgültig. Im darauffolgenden Winter bekam ich dann aber schon mein erstes Setup mit richtigen Boots und Bindungen.
Was hat dich am Snowboarden so fasziniert?
Kevin Backström: Am Anfang war es vor allem die Geschwindigkeit. Ich wollte die Hänge so schnell ich nur konnte hinunterschießen, das hat mich gehypt. [lacht] Bald darauf fing ich damit an, die kleinen Sidehits an den Pisten zu fahren und erste Tricks auszuprobieren. Damit tat sich eine völlig neue Welt für mich auf, es gab so viel zu lernen! Dieses Gefühl habe ich noch heute, Snowboarden ist für mich nie Routine, nie langweilig geworden. Es muss kein 1080° sein, ein neuer Butter-Trick oder etwas in der Art stoked mich noch immer am meisten.
Gab es um dich herum damals eine starke Szene, hattest du viele Freunde, mit denen du Snowboarden gehen konntest?
Kevin Backström: Wir hatten tatsächlich eine ziemlich aktive und lebendige Szene, wenn man bedenkt, dass ich im Süden Schwedens aufgewachsen bin. Der einzige Berg, der uns zur Verfügung stand, war ein kleiner Hügel mit drei Schleppliften. Einmal pro Woche trafen wir uns dort mit unserem Snowboard-Club zum Flutlichtfahren, das hat eine Menge Spaß gemacht. Insgesamt waren wir wohl so um die 80 Kids, die zusammen aufgewachsen und fahren gegangen sind. Eine sicke Zeit! Ich hatte zwei gute Freunde, Jakob und Jonathan, mit denen ich damals viel unterwegs war. Ich wünschte, sie wären dabei geblieben, denn sie waren echt gut, viel besser als ich! Ich war lange nicht mehr dort, aber soweit ich weiß, ist die ganze Szene dort ziemlich ausgestorben. Verdammt schade.
Wie lange hat es gedauert, bis du schließlich die Aufmerksamkeit der ersten Sponsoren auf dich ziehen konntest?
Kevin Backström: Ich muss so um die 11, 12 Jahre alt gewesen sein, als ich zum ersten Mal gratis Stuff von Forum bekam. Ich kann nicht in Worte fassen, wie gestoked ich davon war! Es war ein wahnsinnig großer Unterschied, ein gutes Setup fahren zu können, im Vergleich zu dem, was ich von unserem Local Shop bekam. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an Fredrik, der mich mit dem ganzen Material ausgestattet hat! Meinen ersten richtigen Vertrag bekam ich dann als ich 13 Jahre alt war bei Burton.
Irgendwann muss deinen Eltern aufgegangen sein, dass Snowboarden nicht so schnell wieder aus deinem Leben verschwinden würde, sondern im Gegenteil immer wichtiger wurde. Wie haben sie darauf reagiert?
Kevin Backström: Die Tatsache, dass ich heute Snowboarden so leben kann, wie ich es tue, verdanke ich zu einem sehr großen Teil meinen Eltern. Sie haben mich von Anfang an zu 100 Prozent unterstützt, mich durch die Gegend kutschiert, damit ich die ganzen Parks und Contests fahren konnte. Ohne sie hätte ich diese Möglichkeiten nie gehabt. Ich bin sehr dankbar, wie sehr sie mich supportet haben und glaube auch, dass sie glücklich darüber sind, wie es für mich gelaufen ist.
Wann bist du selbst an den Punkt gekommen, an dem du gemerkt hast, dass Snowboarden tatsächlich eine Sache sein könnte, die du full-time betreiben kannst?
Kevin Backström: Als ich mit 16 Jahren bei Nike unterschrieb, ist mir zum ersten Mal wirklich bewusst geworden, dass ich tatsächlich eine Karriere im Snowboarden aufbauen könnte, wenn es weiterhin so laufen und ich auch selbst nicht nachlassen würde. Danke, Jon Weaver [damaliger European Team-Manager bei Nike; Anm. d. Red.]!
Kannst du dich noch an deinen ersten, großen Snowboard-Trip erinnern?
Kevin Backström: Fuck, yeah! Den werde ich nie vergessen! Mein Dad packte mich ins Auto und wir fuhren bis nach Laax. Wir brauchten zwei ganze Tage, bis wir endlich da waren. Aber so hatte ich die Chance, bei den European Open Junior an den Start zu gehen. Es war so abgefahren, einen so perfekten Park fahren zu können, das gab es bei uns zuhause in Schweden nicht.
Contest-Snowboarden hat sich zu einer sehr ernsthaften und seriösen Sacheweiterentwickelt. Wie siehst du das?
Kevin Backström: Das stimmt, es ist sehr seriös geworden. Ich selbst habe mich nie mit der Idee anfreunden können, einen Coach zu haben. Wenn ich mit meinen Homies fahren gehen kann, motiviert mich das viel mehr. Ich kann mich noch an einen Tag in Colorado erinnern, als ich noch für das nationale Team fuhr. Ein Coach sagte mir, was ich tun sollte und ich dachte mir: Fuck that! Es machte fürmich keinen Sinn, etwas zu tun, was sich nicht richtig anfühlte. Also beschlossen Tor und ich, unser eigenes Ding durchzuziehen. Das Ergebnis war, dass ich aus dem Team gekickt wurde und Tor freiwillig ging.
Das Level, auf dem Contest-Snowboarden heute stattfindet, ist so hoch, dass du ein Vollzeit-Athlet sein musst, um überhaupt fähig zu sein, diese Tricks machen und bei jedem Contest konstant fahren zu können. Wenn du also Teil dessen sein willst, geht es wahrscheinlich gar nicht mehr ohne irgendeine Art von Trainer, um dich in Form zu halten, so dass du deine Leistung auf den Punkt abrufen kannst, wenn du am Start stehst. Ich habe großen Respekt vor den Jungs, die bei den Contests heute all-in gehen, aber für mich ist es definitiv nichts.
Contest-Snowboarden hat deiner Bekanntheit geholfen, aber so richtig durchgestartet bist du mit „Beyond Medals“, der Webserie von Tor und dir. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Kevin Backström: Tor [Lundström; Anm. d. Red.], Diggels [Ryan Scardigli; Anm. d. Red.] und ich kamen gemeinsam vor fünf Jahren auf die Idee, eine Serie zu starten. Zu der Zeit versuchten wir noch, einen Platz für die Olympischen Spiele zu bekommen und wollten mit unserer Serie zeigen, dass es nicht alleine um Medaillen geht und man auch dortSpaß haben kann. Da ich aber vor den Spielen aus dem Team gekickt wurde und Tor freiwillig ging, haben wir es nie bis nach Sotschi geschafft. Was aber für uns beide wahrscheinlich das Beste war, was uns passieren konnte.
Tor und dich trifft man ja meistens als Duo an. Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?
Kevin Backström: Wir trafen uns zum ersten Mal mit 14 oder 15 Jahren. Tor rief mich eines Sommers an: „Yooo, was geht? Wir gehen ja bald auf die gleiche Snowboard-Schule in Norwegen, lass uns abhängen!“ Also fuhr ich zu ihm nach Göteborg, und aus dem geplanten Tagestrip wurde fast eine ganze Woche. Wir hatten beide nur Blödsinn im Kopf und zogen schließlich zusammen nach Norwegen. Seitdem sind wir wie ein altes Ehepaar.
Was war eineder verrücktesten Situationen, in die ihr in den letzten Jahren gekommen seid und die du mit der Öffentlichkeit teilen kannst?
Kevin Backström: [Lacht] Es gibt so viele gute Geschichten, aber ja, die meisten davon sollte man hier wohl besser nicht erzählen. Aber eine geht schon… Eines Nachts in Sotschi wachten wir mitten in der Nacht auf, weil wir Geräusche auf dem Balkon unseres Zimmers hörten. Ich zog die Vorhänge auf und da stand dieses russische Fan-Girl vor uns. Ihr Englisch war nicht besonders gut, aber irgendwie verbrachte sie dann doch die Nacht bei uns… In den folgenden Tagen schlich sie die ganze Zeit ums Hotel herum, schob ständig Zettel mit obskuren Nachrichten unter der Zimmertüre durch. Es war echt schräg! Würde mir das heute noch einmal passieren, würde ich die Vorhänge schnell wieder zuziehen! So was passiert aber auch nur in Russland.
Wann hast du das letzte Mal selbst für einen Drink bezahlt? Du wirst doch bestimmt die ganze Zeit eingeladen, wenn du in einem Resort auftauchst, oder?
Kevin Backström: Das passiert echt selten, es sei denn, die Leute haben schon einen sitzen, dann kommt das schon mal vor. Aber es ist echt entspannt, im Gegenteil zu Hillary [Nickname von Halldor Helgason; Anm. d. Red.]. Ihm passiert das ständig, wenn er in einem Resort in irgendeiner Bar aufkreuzt.
Du konzentrierst dich mittlerweile fast vollständig aufs Filmen. Gibt es trotzdem noch ein paar Contests, bei denen du an den Start gehen wirst?
Kevin Backström: Ich fahre gar keine Big Air- oder Slopestyle-Contests mehr. Zum einen macht es mir keinen Spaß mehr und ich kann keine Triple Corks, es macht für mich keinen Sinn, zu einem Contest zu fahren und Letzter zu werden. Ich bin wirklich sehr dankbar, dass mir meine Sponsoren den Rücken stärken und mich bei meinen Projekten unterstützen. Wenn es einen sicken Contest gäbe, der sich auf den Spaß am Fahren und den Style konzentrieren würde und nicht nur auf Corks, würde ich aber wahrscheinlich immer noch mitfahren.
- Boardlänge
- Powder: 158
- Park: 156
- Schuhgröße: 9 (US)
- Stance: Regular
- Winkel: +15 / -12
- Geboren am: 16.07.1992
- Lebt in: Göteburg, Laax
- Sponsoren: Capita, Monster Energy, Union Bindings, Shred Optics, Slytech, Beyond Medals
- Instagram: @backstromkevin