Mit dem „Nine Royals“ vor der Türe, blicken wir noch einmal aufs letzte Jahr zurück, als Christian „Hitsch“ Haller den Rekord für den Highest Air gebrochen hat! Hitsch ist einer der unbestritten technischsten und stylischsten Halfpipe-Fahrer, die es im Moment hier in Europa gibt. Der Schweizer verbringt einen Großteil seiner Zeit in und um die halbförmige Röhre. Mit dem Snowboard, aber auch ohne. Denn seine Faszination geht über das reine Fahren hinaus, das zeigen auch die verschiedenen Film- und Foto-Projekte, die er um die Halfpipe gestrickt hat. Für ihn sind jedoch immer die Fahrer am interessantesten, die sich nicht nur auf eine Sache spezialisieren, sondern Snowboarden als Ganzes betrachten. Diesen Anspruch setzt er auch an sich selbst und hat das bei „The Perfect Hip“ in Watles eindrücklich unter Beweis gestellt. Wie fühlt es sich an, einen Rekord zu brechen? Und was kommt danach?
Ist ja schon ein bisschen her, aber trotzdem noch einmal herzlichen Glückwunsch zum Highest Air! Wie fühlt es sich an, deinen Namen in die Geschichtsbücher des Snowboardens gesetzt zu haben?
Danke! Und klar, es fühlt sich gut an! Es ist immer toll, wenn man solche Dinge erreicht. Aber mir selbst ging es dabei nie nur ausschließlich um den Rekord, sondern ich unterscheide zwischen dem Rekord und dem höchsten Air an diesem Tag. Die Tatsache, bei einer legendären Hip-Session den höchsten Air zu machen, ist für mich wertvoller als der Rekord selbst. Ich kann im Rückblick auch gar nicht mehr genau sagen, welcher meiner Sprünge nun der höchste war, denn wir sind alle verdammt hoch gesprungen. Mir wird daher nicht dieser eine Trick in Erinnerung bleiben, sondern die ganze Session. Denn die war sehr eindrücklich, hat sehr viel Spaß gemacht und ich werde mich lange an sie erinnern. Dieser Rekord wird für mich immer mit dem gesamten Tag in Verbindung stehen, nicht nur mit einem Sprung.
Die Features sehen ja schon auf den Fotos gewaltig aus. Was ist dir durch den Kopf gegangen, als du das Setup zum ersten Mal live gesehen hast?
Für mich war klar, dass ich den klassischen Hip Jump am meisten fahren werde. Die Features waren allgemein sehr gut, aber am besten hat für mich dieser klassische Sprung funktioniert. Und keine Frage, es hat super ausgeschaut! Alles war perfekt berechnet, sehr gut geshapt. Natürlich war ich beeindruckt, aber ich bin Transitions gewöhnt und war daher auch nicht wirklich eingeschüchtert. Ich habe eher danach geschaut, wie viel Speed man braucht, um überhaupt drüber zu kommen und bin das Ganze mit sehr viel Ruhe angegangen. Mir war schnell klar, dass ich auf Straight Airs und Höhe gehen würde. Wir haben von Nico [Zacek; Anm. d. Red.] im Vorfeld regelmäßig Updates bekommen und wussten, was uns erwarten würde. Ich hatte schon lange Lust, mal wieder eine richtige Hip zu fahren, denn die wird nicht überall gebaut. Besonders eine dieser Größe. Natürlich war auch Vorfreude dabei, aber ich habe es einfach auf mich zukommen lassen. Ich finde es wichtig, dass man sich nicht im Vorfeld schon zu sehr pusht und vielleicht übernimmt, sondern die Sache in Ruhe angeht und selbst entscheidet, wann man angreift. Das verlangt ein Feature dieser Größenordnung.
Hast du versucht, dich auf die Größe dieser Hip irgendwie vorzubereiten?
Nein, überhaupt nicht. Klar ist es größer als eine Halfpipe, aber dann wiederum ist es auch nur ein Sprung, während du in der Pipe mehrere Sprünge hast und alles sehr schnell geht. Und da man ein Feature in dieser Größe sowieso nirgendwo anders findet, hat sich das mit der Vorbereitung eh erledigt. Letztlich geht es darum, ob du ein Fahrer bist, der gerne viel Airtime hat und mit viel Speed zurechtkommt. Das wird auch deutlich, wenn man sich die Fahrer anschaut, die mitgefahren sind. Wenn ich an eine Hip denke, ist zum Beispiel Peetu [Piiroinen; Anm. d. Red.] eine der ersten Personen, die ich in der Luft sehe. Aber auch bei den anderen Fahrern erkennt man gewisse Parallelen und Eigenschaften, die auf dieses Feature passen.
Der Nine Knights ist seit Beginn ein Contest, der sich durch sein außergewöhnliches und spektakuläres Setup hervorhebt. Du bist jedoch vorher nie mitgefahren, warum jetzt? Lag es an der Hip?
Ich würde schon sagen, dass die Hip der ausschlaggebende Punkt war. Wie gesagt, eine richtige Hip zu fahren, stand schon lange auf meiner Liste und da muss es eigentlich im Rahmen eines Contests stattfinden, denn nur für ein Foto-Shooting baut dir niemand ein solches Feature. Das ist viel zu teuer. Daher freut es mich umso mehr, dass es gleich geklappt hat. Und da ich meinen Pipe-Run auch meistens mit einem Backside Air beginne, hatte ich das Gefühl, einiges herausholen zu können.
Ist dieser Punkt auf deiner Listedamit abgehakt oder kannst du dir auch vorstellen, beim nächsten Event wieder mitzufahren, auch wenn es keine Hip-Session ist?
Für mich ist es wichtig, dass das Terrain meinem Snowboarden entspricht. Wenn es das nächste Mal der größte Jump der Welt wird, möchte ich nicht unbedingt dabeisein… [lacht] Aber wenn es ein Feature wird, mit dem ich etwas anfangen kann, würde ich mich freuen, wieder dabei zu sein. Es kommt darauf an, was sie sich einfallen lassen. Vielleicht verbinden sie ja eine Quarterpipe mit einer Hip, das würde mir gefallen. Sobald ich mein Fahren so gut wie möglich präsentieren kann, bin ich am Start. Ich sehe noch eine Menge Potenzial, ich glaube, du kannst auch noch höher gehen. Beim zweiten Mal weiß man immer mehr und kann gewisse Änderungen vornehmen. Wir haben noch nicht das Maximum erreicht. Grundsätzlich bin ich also sehr gerne wieder dabei!
Wir kennen dich ja vor allem aus der Halfpipe. Was ist für dich das Besondere an dieser Form des Snowboardens, was fasziniert dich so daran?
Es gibt verschiedene Faktoren. Einer der Gründe, warum ich mehrere Projekte in der Halfpipe gemacht habe, ist der, dass ich es schade finde, dass sie nur durch die Events präsentiert wird und Halfpipe-Snowboarden sehr schnell mit Contests gleichgesetzt wird. Wenn ich die Form der Halfpipe betrachte, finde ich, dass das etwas sehr, sehr Spezielles ist. Ich finde, sie besitzt nach wie vor ein unglaubliches Potenzial und warum soll ich das nicht ausschöpfen? Wenn ich doch sowieso gerne darin fahre und die Form spannend finde, warum nicht einmal anders darstellen? Ich glaube, viele Leute in der Snowboard-Szene haben noch immer das Bild eines Pipe-Fahrers im Kopf, der nichts anderes fahren kann. Das stimmt ja meistens überhaupt nicht und ich möchte mit meinen Projekten ein wenig das Eis brechen, was dieses Missverständnis betrifft. Halfpipe ist eben mehr als X Games, Dew Tour und Olympische Spiele. Diese Events haben ihre Berechtigung, aber die Pipe hat Platz für mehr. Das Fahren in einer Halfpipe selbst hat ja in den letzten Jahren einiges an Reglementierung erfahren – ein Contest-Run muss ganz speziell aufgebaut sein – aber man kann sie surfen, sehr technisch fahren, man kann sie auf eine gewisse Art skaten… es gibt so viele Möglichkeiten, was man machen kann, wie man mit dieser Form spielen kann. Und auch wenn ich sehr gerne im Backcountry fahre, finde ich, dass die Halfpipe sehr meinem Fahren entspricht, eben weil sie so anspruchsvoll ist.
Was wünschst du dir für die Zukunft des Contest-Snowboardens, was gibt es, was du gerne ändern würdest?
Früher gab es den TTR Overall-Titel, das war für mich der ultimative Snowboard-Titel, wenn es ums Kompetitive geht. Heute musst du dich entscheiden, ob du Halfpipe oder Slopestyle fahren willst, zumindest in den meisten Fällen, da das Niveau so hoch ist. Und dennoch glaube ich, dass wir Formate finden können, bei denen die Fahrer wieder beides machen und zeigen können, wie vielfältig Snowboarden ist. Ich möchte nicht sagen, dass es besser wäre, aber wäre es nicht wert, ausprobiert zu werden? Es wäre doch schade, wenn man einen Contest nicht mehr vom anderen unterscheiden kann. DieSpezifikation auf einen bestimmten Bereich findet ja sowieso statt, das ist überall in unserer Gesellschaft so. Grundsätzlich glaube ich, dass es möglich wäre, die Contests zu verändern. Ob es gut ist oder nicht, sieht man erst, wenn man es ausprobiert hat. Ein Hinweis, dass es funktionieren könnte, sehe ich daran, welche Snowboarder gerade besonders beliebt sind. Nehmen wir Ben Ferguson als Beispiel. Er ist eher ein Pipe-Fahrer, kann aber Jumps fahren, er ist gut im Backcountry und kann wenn er will auch Rails fahren. So war das mit Travis Rice oder auch mit Nicolas Müller. Dagegen sind Fahrer, die sich nur auf eine Sache konzentriert haben, nicht so lange interessant. Die Contests, die es heute gibt, haben alle ihre Berechtigung, aber ich glaube, wir brauchen darüber hinaus noch Events oder andere Contests, die für die Szene relevant sind und zeigen, dass Snowboarden eins ist. Es besteht aus vielen einzelnen Elementen, aber am Ende ist es eben ein großes Ganzes.
Danke für deine Zeit, Hitsch!
Hitsch – Shortcuts
Boardlänge | 156 |
Bootgröße | 8,5 (US) |
Stance | Regular |
Winkel | +12/-6 |
Geboren am | 28.10.1989 |
Lebt in | Zürich, CH |
Sponsoren | Burton, Monster Energy, Giro |
aus: Prime Snowboarding Magazine #08