Wir haben Gigi Rüf zum Interview gebeten und er ist zweifellos das, was man einen echten Evergreen nennt. Was ihn allerdings von anderen Evergreens unterscheidet, ist die Tatsache, dass Gigi nicht für einen Moment oder eine Zeit steht, sondern sich im Snowboarden immer weiterentwickelt hat.
Gigi Rüf Interview aus der aktuellen All-Star Issue #28
Interview & Text Sebastian Gogl
Kaum ein anderer Rider hat über einen so langen Zeitraum mehr Covarage in den Magazinen rund um den Globus produziert, wie der Vorarlberger in den vergangen 25 Jahren. Wenn man so will, verkörpert Gigi die Vergangenheit, die Gegenwart und auch die Zukunft unseres Sports.
Wie Gigi das geschafft hat und warum er seine Marke Slash nicht weiter beim „Nestlé“-Konzern des Snowboardens produzieren lassen wollte, erzählt er hier im All Star-Interview.
Gigi, du bist seit 25 Jahren im Snowboard-Kosmos unterwegs und musstest viele Interviews geben. Welche Frage war die absolut dämlichste, die dir in dieser Zeit gestellt wurde und wie hast du reagiert?
Ich stelle oft selbst blöde Fragen, aber bei einem Interview in Japan bin ich gefragt worden, welche Stelle ich an meinem Körper als erste unter der Dusche schrubbe. Meine Antwort lautete: Unter den Achseln.
Eero Ettala hat in seinem Interview in dieser Ausgabe gesagt, dass er dir gerne die Fragen stellen würde, was die wichtigste Erkenntnis für dich aus +20 Jahren Snowboard-Karriere ist?
Danke Eero! Das Wichtigste ist Dankbarkeit und eine gute Arbeitsmoral, speziell mit den Leuten, die dir eine Möglichkeit geben, weil sie etwas in dir sehen und dein Talent bei dem was du machst, erkennen. Das kann jeder und überall sein. Das soll nicht heißen, dass du dich diesen Leuten willenlos zu ergeben hast, sondern das du immer wieder deinen Blick auf das nächstmögliche Ziel richtest. Das geht Trick für Trick, Obstacle über Obstacle, sich eben in dem was man tut voran-tasten.
Andere Familienväter in deinem Alter bekommen eine Plauze und werden gemütlicher, während du wie eh und je auf Pulverschnee-Pockets herum bounced und dich über massive Kicker katapultierst. Was treibt dich nach wie vor an, so auf dem Gaspedal zu stehen?
Ich habe die Möglichkeiten aus mir heraus dazu geschaffen. Es ist mein Umfeld, in dem ich mich bewege, und mir kommt natürlich meine Vorliebe für weichen Pulverschnee zugute.
„Mir hat Alaska damals die Augen geöffnet ein besserer Snowboarder werden zu wollen, weil wir diese Chance vom ultimativen Spielplatz zum Austoben hatten.“
Torstein Horgmo hat für sich Yoga entdeckt, um möglichst lange im Kicker Game bleiben zu können. Wie hältst du dich fit?
Für jeden funktionieren andere Sachen, aber es ist wichtig, einen Ausgleich zum Snowboarden zu finden. Selbstheilung mit Faszienrollen war eine Revolution in dem Bereich, um geschmeidig zu bleiben. Dazu genieße ich den Luxus, bei meinem Cousin im Two4one Studio trainieren zu können, was viel zu meiner Stabilität beim Fahren beiträgt.
Gigi Rüf steht für Backcountry Riding. Hat dich das Parkfahren nie gereizt?
Wie bereits gesagt, ich liebe jeden Aspekt, aber Pulverschnee macht einfach nur Spaß und steht für mich gegensätzlich zum Parkfahren. Jedes Hindernis im Park fühlt sich für mich eher aufgezwungen an.
Du bist auch an großen Contests, wie dem Air & Style und dem Freestyle.ch an den Start gegangen, allerdings ohne Erfolg. Hat dir bei Competitions dein Mindset einen Strich durch die Rechnung gemacht oder woran lag es, dass du an Contests dein Riding nicht abrufen konntest?
Das kann gut sein, weil ich den Dabeisein-ist-alles-Spruch immer verinnerlicht habe. Ich sehe mich bei Erwartungen an mein Riding immer wieder gebeutelt mit der einen Frage: Für wenn mache ich das alles eigentlich? Irgendwie ärgern mich solche Erwartung, weil ich den spontanen Moment liebe. Ich habe keine Erwartungen, nur eine Vorstellung von dem was ich machen möchte. Mindset vs. Vibe eben.
„Für mich ist Nidecker das Nestlé des Snowboardens.“
Viele Rider fahren erst erfolgreich Contests, bevor sie ins Backcountry wechseln. Glaubst du, die nächste Generation kann das abartige Trick Level aus dem Park ins Backcountry heben?
Das wird wohl die Natural Selection Tour dieses Frühjahr zeigen.
Viele kennen die krassen AK Lines von dir, die meist vom Gegenhang oder aus dem Hubschrauber gefilmt wurden. Was die Aufnahmen aber nicht zeigen, ist, was sich in deinem Kopf abspielt, bevor du in eine Line dropst, in die du nicht einsehen kannst und die du noch nie gefahren bist. Was geht in diesem Moment in Gigi vor?
Vor dem Drop-in liegt krass viel Anspannung auf dem Moment, wenn es losgeht, ob meine Vorstellung und Kalkulationen an den Rhythmus des Geländes aufgehen. In Alaska ist es sehr steil, also gehört viel Erfahrung dazu, von Schneetexturen bis hin zu hilfreichen, aber auch Selbstverständlichkeiten, wie niemals über Exposure oder sogenannten No-fall Zones seinen Schabernack zu treiben. Du musst immer vom Schlimmsten ausgehen, dann schaust du dir auch die halsbrecherischen Sachen erst gar nicht an und kannst überzeugt dem Filmer sagen, was du fahren möchtest und was nicht.
Du hast zwei Söhne, die ebenfalls auf dem Snowboard unterwegs sind. Kids stehen eher auf Park- und Street Riding. Skippen die Jungs deine Powder Parts oder können sie etwas mit Daddys Backcountry Riding anfangen?
Meine Söhne scheinen generell nicht viel mit Snowboard-Filmen anfangen zu können und gehen lieber selbst fahren.
Jeremy Jones hat den Heli gegen Splitboards eingetauscht. Wie siehst du heute als Alaska-Expert die Thematik mit den Heli Shuttles in AK?
Wenn du den Vergleich machen willst, dann kannst du Jeremy locker 15 Jahre extra dazurechnen, bevor wir mit Absinthe nach Alaska gekommen sind. Mir hat Alaska damals die Augen geöffnet ein besserer Snowboarder werden zu wollen, weil wir diese Chance vom ultimativen Spielplatz zum Austoben hatten. Es gab keinen Tag, an dem wir nicht neue Herausforderung hatte, egal ob fahrerisch oder in der Gruppendynamik, gerade um den Helikopter herum. Ich glaube, es ist die endlose Erfahrung von Jeremy, die er zuvor mit Helikoptern gemacht hat, die ihn leicht oder gar logischerweise an seine heutige Herangehensweise, wie er sich jetzt im Backcountry bewegt, gebracht hat.
Wenn wir schon bei Jones sind. Er ist mit Jones Snowboards, die er bei Nidecker produziert, sehr erfolgreich. Du hast mit Slash Nidecker verlassen. Warum hast du Nidecker den Rücken zu gekehrt?
Für mich ist Nidecker das Nestlé des Snowboardens.
Snowboard Brands vermarkten ihre Produkte verpackt mit der Faszination des Sports durch ihre Teamfahrer. Wie sieht das Game hinter den Kulissen aus, wenn man sich als kleine Marke wie Slash am Markt etablieren möchte?
Für Slash ist es wichtig, den Leuten die gerne Snowboarden Möglichkeiten zu schaffen, sei es im Sponsorenbereich in unserem Slash-Team oder das Einsteigerpreissegment, das wir in all unseren Modellen vertreten, egal ob ich eigentlich für meine Boards von der Qualität und exzellenten Bauweise vergleichbar einen höheren Preis verlangen müsste.
Gibt es etwas, das du anders machen würdest, wenn du Slash „from Scratch“ noch einmal neu starten könntest?
Ich würde mir zuerst die Shapes patentieren lassen, dann eine Armee an Rechtsanwälten engagieren, die meine Marke Slash von jedem der Slash oder ATV auf seiner Website schreibt, schützen.
Wir alle haben Träume, wie sieht dein Traum aus, den du als Pro noch wahr werden lassen möchtest?
Das ich mich bis ins hohe Alter am Bergen wohlfühle und speziell beim Gleiten über den Schnee weiterhin meine Erfüllung spüre.
Ein Traum von dir war es auch den Film „DRIVEN“ zu realisieren, der vergangen Dezember nach 3-jähriger Produktion herauskam. Wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis?
Sehr! Jedes Video ist ein Album und nach drei Jahren Reife bin ich von jeglichen Ambitionen den Trick noch besser zu zeigen, gelöst. Wir hätten an den Plätzen, die wir bereist haben, vielleicht noch bessere Bedingungen vorfinden können, aber es war von Anfang an klar, dass wir nicht hin und her reisen werden, sondern das Filmen werden, was wir bekommen. Dass es nun „DRIVEN“ gibt, soll zeigen, was uns als Crew antreibt solche Filme in eure Wohnzimmer zu bringen. Vom Fahrerischen ist das, was wir vor drei Jahren abgeliefert haben, immer noch aktuell. Mission accomplished!
Werden wir Gigi kommenden Winter wieder in einem Film sehen und wenn ja, was hast du dir für deinen Part vorgenommen?
Ich habe so viel Content über die Jahre produziert, dass ich relativ einfach mit diesem Material die Leute an den Smartphones unterhalten und begeistern kann. Vielleicht mache ich meinen eigenen Market Research durch IG und schaue, was den Leuten am besten gefällt?
In dieser ALL STAR-Ausgabe, porträtieren wir Menschen, die über einen langen Zeitraum unseren Sport geprägt haben und es heute noch tun. Wen müssten wir in dieser Ausgabe unbedingt berücksichtigen und warum?
Habt ihr Jamie Lynn, Johan Olofson, Michi Albin, Ingemar Backman, Chad Otterstom, JP Walker, MFM, Tadashi Fuse, Shaun White, Heikki Sorsa, Terje und Nicolas am Start?
Nicht alle. Welche Frage würdest du ihnen stellen, wenn du das Interview führen würdest?
Terje würde ich fragen, ob er ein Slash Board für mich shapen möchte? Nico würde ich fragen, wie er zur Cancel Culture steht?
Wir sind fast am Ende. Ein echter ALL STAR muss an dieser Stelle eine würdige Anekdote zum Besten geben. Wie lautet deine?
Ich habe viel erreicht und das Fahren war immer im Vordergrund. Beim Fahren geht es um einen kurzen Moment, in dem ich eine Entscheidung treffe, die anschließend nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Ab dem Moment der Entscheidung kannst du nur noch nach vorne schauen.
Wenn Dir das Interview gefallen hat hol Dir unsere aktuelle Ausgabe mit vielen weiteren Interviews der Snowboard-All-Stars! Hier geht´s zur aktuellen Ausgabe!