Elias Elhardt hat seinen Film ‘Contraddiction’ veröffentlicht. Eine Liebeserklärung ans Snowboarden und mehr als das …
Diese Geschichte handelt von einer erfolgreichen Reise ins wunderschöne Südtirol, auf der Elias Elhardt und Arthur Longo unglaubliche Schneeverhältnisse vor einer eindrücklichen Kulisse vorfanden. Doch Snowboarden ist im Leben eines Pros dann doch nicht alles, zumindest wenn man Elias heißt und so nahm dieses Gespräch eine unerwartete Wendung, wie es eben auch auf Reisen passieren kann. Ohne konkretes Ziel, führt dieses Interview durch Elias’ Leben als Snowboarder, aber vor allem als Mensch, der in seiner 15-jährigen Karriere als Pro viel erreicht hat und als Mensch herausgefunden hat, dass ihm sein Lieblingsessen Tiramisu am besten wohldosiert zum Nachtisch schmeckt.
@eliaselhardt, @acommonfuturefilm, @curatefilms, #contraddictionmovie
Elias, du hast mit “Contraddiction” dein erstes eigenes Filmprojekt realisiert. Was erwartet den Zuschauer in deinem Film?
Die schönste Liebeserklärung ist für mich gleichzeitig auch die ehrlichste. In diesem Sinne wollte ich einen Snowboardfilm machen, der das Snowboarden in all seiner Schönheit zeigt, sich aber auch kritisch damit auseinandersetzt. Dabei soll nicht ich, sondern das Thema selbst im Mittelpunkt stehen. So haben wir dann für die Entstehung des Films auch mit einigen meiner Freunde wie Marco Smolla, Arthur Longo und Gigi Rüf zusammengearbeitet und ihre Sichtweise auf Snowboarden porträtiert.
Was versteckt sich hinter dem Namen “Contraddiction”?
Der Name Contraddiction setzt sich aus contradiction und addiction, also Widerspruch und Hingabe, zusammen. Der Name ist mir ganz am Anfang eingefallen, als die Idee mit dem Film im Raum stand und wurde so unverhofft zum inhaltlichen Ausgangspunkt für das Projekt. Ich wollte schon immer in einem Film kritisch über meine Liebe zum Snowboarden und auch den damit verbundenen Lebensstil nachdenken. Gleichzeitig wusste ich, dass dies im Widerspruch zu meinem Lebensentwurf stehen würde. Das wollte ich nicht verschleiern, sondern den Widerspruch selbst zum Thema machen.
Was kann kritisch an Liebe sein, vor allem wenn sie von Snowboarden handelt?
Die Vorstellung von einer gänzlich undifferenzierten Liebe, die alles nur bejaht und feiert, ist für mich nicht unbedingt die stärkste. Diese Liebe meint vielleicht mehr das Idealbild von etwas, als wirklich das Geliebte selbst. Denn aus meiner Sicht kann niemand und nichts diesen Idealvorstellungen komplett entsprechen und das ist ja auch absolut gut so. Daher geht es für mich um eine aufrichtige Wertschätzung und Liebe zu dem was ich tue, in dem Fall zum Snowboarden, mit allem was dazu gehört.
Es gibt bekanntlich auch in Partnerschaften nicht die perfekte Liebe, sondern der Erfolg hängt immer davon ab, was man daraus macht. Wie sieht das bei deiner Beziehung aus Also, die zum Snowboarden natürlich …
Ha ha, naja, eine Beziehung zu einem anderen Menschen und die zum Snowboarden lassen sich nicht so einfach über einen Kamm scheren. Wo ich aber eine Parallele sehe, ist, dass wenn der Fokus nur und ausschließlich auf dem Partner oder eben dem Snowboarden liegt, dies auf lange Sicht eher schwierig wird. Um eine Wertschätzung aufrecht erhalten zu können, braucht es meiner Ansicht nach immer eine Balance im Leben. So ist das zumindest bei mir, weshalb für mich neben Snowboarden auch andere Themen genauso wichtig sind und auch weiterhin sein werden.
“Contraddiction” greift also dein zweigeteiltes Leben als Pro auf. Was willst du den Zuschauern neben gutem Snowboarding mit deinem Film vermitteln?
Ich wollte einfach ein ehrliches Bild vom Snowboarden mit all seiner Schönheit und eben auch seinen Widersprüchlichkeiten zeigen. Darüber hinaus geht es aber auch um den Zwiespalt, der sich mit dem Älterwerden und der Liebe zu unserem Sport häufig auftut. Denn für die meisten von uns ist das Snowboarden eine Leidenschaft aus unserer Kindheit und Jugend, es verkörpert ja auch gerade das Verspielte und Sorglose. Daher stellt sich für mich die Frage, wie wir diesen Wert des Kindlichen gerade durch das Snowboarden bewahren können, ohne nur etwas längst Vergangenem nachzuhängen und das Älterwerden mit der einhergehenden Verantwortung zu leugnen.
Heißt das, Snowboarden ist eine Jugenderscheinung, auf der du und viele andere Gefahr laufen hängen zu bleiben?
Nein, natürlich ist Snowboarden nicht nur eine Jugenderscheinung. Aber es birgt eben einen Zugang, der für die meisten eher in jüngeren Jahren gelebt wird. Geht es doch im Freestyle-Snowboarden im Grunde einfach um ein freies Spiel mit dem Gelände ohne tieferen Sinn, der über die Freude am Tun selbst hinaus geht. Und genau das ist ja auch das Schöne daran, das wir wie ich finde auf keinen Fall mit dem Älterwerden verlieren sollten.
Du bist vergangenen Winter mit Arthur Longo, den du schon seit deinen Anfängen als Contest-Fahrer kennst, nach Südtirol gereist, um für deinen Film den Opener-Part zu drehen. Wie hat sich euer Riding und eure Einstellung von den Anfängen bis heute verändert?
Ja, vor 15 Jahren lagen unsere Prioritäten natürlich woanders. Da drehte sich alles ums Snowboarden und wir träumten von einem Leben, das wir ganz dem Snowboarden widmen wollten. Jetzt, ein “halbes Leben” später, haben wir diesen Traum bereits viele Jahre leben dürfen, sind Jahr für Jahr an einige der schönsten Orte zum Snowboarden auf dieser Erde gereist und haben während unseren Karrieren auch manche Höhen und Tiefen durchlaufen. Heute sind unsere Interessen natürlich etwas vielschichtiger geworden und unser Blick nach vorne dreht sich nicht nur ums Snowboarden, sondern auch darum, was wir übers Snowboarden hinaus beitragen können und auch welche Perspektiven es für uns nach der aktiven Zeit als Pro gibt.
Kannst du das etwas konkreter beschreiben?
Wir haben natürlich neben dem Snowboarden auch einige andere Interessen hinzugewonnen. Ich persönlich interessiere mich gerade jetzt in unserer so bewegten Zeit auch sehr für einige gesellschaftliche Themen. Da drängt es sich einem natürlich auf, dass ich neben dem Spaß, den ich beim Snowboarden erlebe, vielleicht auch noch andere Ziele im Leben verfolgen möchte. Etwas zu tun, in dem man Sinn sieht und das auch etwas über den eigenen Spaß hinaus geht. So habe ich neben dem Snowboarden Psychologie studiert. Diese verschiedenen Interessen zwischen Snowboarden und dem, was in meinem Leben als normaler Mensch passiert, verliefen bisher weitestgehend parallel ab. Mein Film “Contraddiction” ist jetzt der Versuch, meine beiden Welten miteinander zu verknüpfen.
Ursprünglich sollte dieses Interview passend zu unserer Reiseausgabe euren Trip nach Südtirol widergeben. Aber irgendwie führt uns dieses Gespräch mehr und mehr auf deine persönliche Lebensreise. Gibt es ein konkretes Ziel, an dem du irgendwann ankommen möchtest?
[Lacht] Wir können natürlich gern über den Südtirol-Trip sprechen. Im Kleinen zeigt sich ja ohnehin oft auch das größere Ganze. Aber um nochmal auf deine Frage zurückzukommen: Es gibt für mich kein konkretes Ziel, an dem ich irgendwann ankommen möchte. Um es bildlich auszudrücken: Meine aktuellen Ziele sehe ich eher als eine Art Leuchtturm, der mir Orientierung gibt. Dabei geht es für mich in erster Linie darum, meine Segel und damit meinen Kurs entsprechend auszurichten und nicht darum, schlussendlich genau am Leuchtturm zu landen. Somit möchte ich mich im besten Fall im Einklang mit meinen Werten und Zielen nach vorne bewegen, auch wenn das Ziel offenbleibt.
Eure Aufnahmen, die ihr aus Südtirol mitgebracht habt, machen unheimlich Lust darauf, gleich selbst aufs Brett steigen zu wollen und durch den Tiefschnee zu bouncen. Wie schlägst du die Brücke zwischen dieser verspielten Glückseligkeit und deiner Sicht auf das Leben neben dem Snowboarden in “Contraddiction”?
Schön zu hören, dass die Aufnahmen die Freude wiedergeben, die wir beim beim Fahren in Südtirol hatten. Dieses “verspielte, einfache Glücklichsein” erlebe ich auch genauso beim Snowboarden und möchte dem gar nichts wegnehmen. Vielmehr geht es mir um eine Erweiterung. Ich kann ja auch nicht immer nur tagein, tagaus Tiramisu essen, nur weil es meine Lieblingsspeise ist. Das Dessert schmeckt mir ja eben gerade deshalb so unglaublich gut, weil ich meistens gehaltvolle Nahrungsmittel in den unterschiedlichsten Variationen esse, anstatt nur die leckere Creme. Ungefähr so geht es mir mit dem Snowboarden und anderen Themen, die mich interessieren.