Auf einem Trip nach Morzine mit Oakley haben wir uns mit Billy Morgan zusammengesetzt, um herauszufinden, ob er seine Contest-Karriere wirklich an den Nagel gehängt hat und wie es für ihn weitergehen soll.
Deine Verbindung zu Morzine Avoriaz reicht einige Jahre zurück, oder?
Ja, als ich 17 Jahre alt war, entschied ich mich, nicht noch ein Jahr länger auf der Schule zu bleiben. Ein paar Jungs, die ich beim Dryslope-Fahren kennengelernt hatte, hatten schon einige Saisons hier verbracht und luden mich ein mitzukommen. Also kam ich mit meiner damaligen Freundin nach Morzine. Und hatte die beste Zeit hier! Endlich auf richtigem Schnee fahren zu können war einfach gut. Die nächsten drei Winter in Folge verbrachte ich die gesamte Saison hier und ging nur im Sommer zurück nach England, um zu arbeiten und wieder ein wenig Geld zu verdienen.
Du bist also mit 17 Jahren zum ersten Mal so wirklich mit Schnee in Berührung gekommen?
Wir haben ein paar Skihallen in England, aber ja, die meiste Zeit war ich auf Dryslopes unterwegs.
Wie lange hat es gedauert, von dem Moment, als du angefangen hast zu Snowboarden, bis du auf echtem Schnee unterwegs warst?
Zwei, drei Jahre? So ungefähr. Ich fing mit 14 an zu Snowboarden und ging drei Jahre später aus England weg, um näher an den Bergen zu sein.
Wenn man bedenkt, was die jungen Contest-Kids heute mit 14 schon alles machen, warst du ziemlich spät dran.
Stimmt, ja. Ich hatte schon ein paar Tricks auf den Dryslopes gelernt, bin aber bis ich wegging nie große Kicker gesprungen. Sobald ich mich aber an den Speed gewöhnt hatte, gab’s kein Zurück mehr. Ich liebte das Gefühl, mit Highspeed auf einen großen Kicker zuzufahren und Double Backflips zu machen. Ich war der Trottel, der ständig irgendwo Double Backflips gemacht hat … [lacht] Aber ich war nicht der einzige, von meiner Sorte gab es einige hier, die genau so drauf waren. Das ist eben die englische Art.
Das ist uns auch aufgefallen. Sobald ein Engländer echten Schnee unter dem Brett hat, schaltet er sofort in Full-Send-Mode!
Ja, fuckin’ right! [lacht] Das ist das Beste, oder nicht? Das ist genau das, was uns gefällt. Übrigens nicht nur im Snowboarden. Die englische Kultur ist voll von Geschichten, bei denen es darum geht, dem, was dein Buddy gemacht hat, noch eines oben drauf zu setzen. Wenn dein Kumpel irgendwas Verrücktes macht, musst du noch etwas Verrückteres machen. Dein Kumpel trinkt ein Bier? Dann musst du mindestens eines mehr trinken! Diese Attitüde bringt nicht immer Gutes hervor oder kommt bei anderen Menschen immer gut an, aber so ticken wir Briten eben.
Woran es auch lag, du hattest auf jeden Fall in den letzten Jahren einigen Erfolg bei Contests und bist schließlich 2018 auf dem dritten Platz beim Big Air der Olympischen Spiele gelandet. Doch nun ist deine Contest-Karriere vorbei, wie wir gehört haben? Was ist passiert?
Der größte Grund ist sicher der Stress, der damit einhergeht, von einem Contest zum nächsten zu fahren. Die Contests selbst haben mir auch nie wirklich Spaß gemacht. Alles andere darum herum schon, das Training, das Reisen, die Leute, aber die Contests selbst nicht. Besonders die letzten Jahre, als alles auf die Olympischen Spiele ausgerichtet war, waren für mich mit immensem Stress verbunden. Contests fahren bedeutet, dass du deine Tricks in einem vorgegebenen Zeitfenster machen musst und nicht dann, wenn es sich für dich gut anfühlt. Ich mag es, Tricks zu trainieren und Neues zu lernen, aber das funktioniert am besten, wenn du nicht von deinem Umfeld vorgeschrieben bekommst, was du zu tun hast. Aber ich musste die Contests machen, um Geld zu verdienen und überhaupt Snowboarden gehen zu können. Und das hat funktioniert, natürlich auch, weil ich recht erfolgreich damit war. Aber realistisch gesehen, werde ich nicht mehr auf diesem Level an Contests fahren können. Bei den nächsten Olympischen Spielen bin ich 32 Jahre alt, das technische Level steigt immer weiter … vielleicht würde ich es noch einmal ins Finale schaffen, vielleicht nicht.
Aber dennoch musst du ja auch heute irgendwie Geld verdienen, um Snowboarden zu können?!
Ja, aber da ich eben jetzt auch eine Medaille von den Olympischen Spielen habe, eröffnen sich andere Möglichkeiten für mich Shredden zu gehen. Ich wurde zum Beispiel von Club Med [All-inclusive-Reiseveranstalter; Anm. d. Red.] eingeladen, gemeinsam mit Jenny Jones für ein paar Tage für ein Opening nach Frankreich zu kommen und zu Snowboarden. Ich bin jetzt Touri! [lacht] Wenn du Contests fährst, kannst du zwar beim Training hier und da mal eine Runde fahren gehen, aber es nie wirklich genießen, denn wenn du dich dabei verletzt, ist der Contest gelaufen. Dieser Druck ist jetzt komplett verschwunden. Ich kann machen was ich will.
Ein Punkt in deiner Karriere, an dem kein Vorbeikommen ist, war der Quad Cork. Hast du jemals daran gedacht, dem noch einen draufzusetzen?
Nein! Buchstäblich in dem Moment, in dem ich den Boden berührte, wusste ich: Das will ich nie im Leben noch einmal machen! [lacht]
Hat dir der Trick in irgendeiner Form weitergeholfen? Einladungen zu Contest oder Ähnliches?
Ich habe keine einzige Einladung zu einem Contest bekommen, nur weil ich den Trick als Erster gelandet hatte. Keine Einladung zum X Games Big Air …
Das scheint keinen Sinn zu machen, oder?
Tja, so war es. Im Publikum gab es damals sogar jemanden, der ein Schild hielt, auf zu lesen war: Wo ist Billy Morgan?
Hast du eine Erklärung dafür?
Es ist ein Contest, der viel Wert auf Credibility legt. Und ich gehöre einfach nicht zu den coolen Kids. Tat ich noch nie. Ich war nie jemand, der in der Core-Szene als cool galt.
Aber du liebst Snowboarden!
Das stimmt. Ich versuche, mir über solche Sachen nicht zu viele Gedanken zu machen. Ich gehe einfach Snowboarden. Im Grunde war ich erleichtert, keine Einladung bekommen zu haben. Auf der einen Seite wäre es zwar schön gewesen, auf der anderen Seite war ich froh, mich nicht in der Nacht über diesen verdammten Riesen-Jump schmeißen zu müssen. Als ich den Quad machte, konnte ich das zu meinen Bedingungen machen, es gab keinen Contest-Druck. Verstehst du? Es ist ein Unterschied, ob du Triple Corks machst, während du fahren gehst, oder ob du ihn während deinem fünften Run an einem Tag zu einem Zeitpunkt machen musst, den dir jemand vorschreibt.
Wie sehen deine weiteren Pläne aus, was steht auf deiner Bucket List?
Ich würde gerne öfter die Gelegenheit nutzen, junge Fahrer zu coachen. Ich hatte schon ein paar Mal die Chance etwa mit den britischen Junioren zu fahren und es hat verdammt viel Spaß gemacht. Ihr eigentlicher Coach sagte mir, allein die Tatsache, dass ich mit dabei war, hat die Jungs schon motiviert. Wenn ich also die Möglichkeit habe, andere in ihrem Snowboarden zu pushen, dann ist das doch das Beste, was man machen kann, oder? Als einer der Jungs seinen ersten Double Cork landete, war er so gestokt und erinnerte mich daran, wie ich mich selbst damals gefühlt habe, als ich den Trick zum ersten Mal landete. Es war wie ein Wieder-Erleben des Stokes von damals. Großartig! Das funktioniert aber auch mit einem 360°, verstehst du? Wenn du jemandem dabei hilfst, einen Trick zu lernen und erlebst mit, wie er ihn steht und sich freut, ist das einfach ein unglaublich cooles Gefühl.
Short Cuts
- Geboren am: 02. April 1989
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Die Zeiten, in denen du deine gesamte Zeit aufs Training verwendest, sind nun also vorbei. Was freut dich besonders an dieser neuen Freiheit?
Ich musste mir zunächst einmal eingestehen, dass ich nie wieder so gut Snowboarden würde wie zum Zeitpunkt der Olympischen Spiele. Ich hatte acht Jahre darauf hingearbeitet und war auf dem Gipfel meiner Leistungsfähigkeit. Aber das Schöne ist ja, dass man nie aufhört, sich weiterzuentwickeln. Vor ein paar Wochen war ich mit ein paar Jungs in La Plagne. Wir hämmerten Turn um Turn in die frisch präparierten Pisten und ich nahm eine kleine Veränderung an meiner Bindungseinstellung vor, die es mir ermöglicht hat, mehr Druck auf meine Fersenkante zu geben. So konnte ich viel bessere Heelside-Turns fahren. Was für ein geiles Gefühl! Würde ich noch Contests fahren, hätte ich einfach keine Zeit gehabt, so etwas für mich zu entdecken. Das mag banal klingen, ist es aber nicht. Aber das Beste an der neuen Situation ist tatsächlich, dass ich so viel Snowboarden kann, wie ich Lust habe und genau so fahren kann, wie es mir Spaß macht.
Es ist gut zu sehen, wie zufrieden du mit deiner Entscheidung bist und wie viel Spaß du am Snowboarden hast. Cheers, Billy, und danke für deine Zeit!